Ein Verlust
Ich kenne Erwachsene, die früher nicht oberflächlich waren und in jüngeren Jahren schrieben. Ich habe gesehen, dass sie es können, in gefundenen Notizbüchern, E-Mails oder formalen Briefen. Aber sie schreiben nicht mehr. Kein Tagebuch. Keine persönlichen Briefe. Keine Gedichte. Keine Geschichten. Wenn man älter wird, brauche man nicht mehr so viele Worte. Warum? Ich bin noch nicht so alt geworden wie sie, aber schon älter und aus Erfahrung an mir selbst lautet die Antwort:
Wegen des Alltags. Wegen der Arbeit. Wegen der Termine. Wegen des Konsums. Wegen der daraus resultierenden Oberflächlichkeit.
Ich habe Angst, dass meine Tiefe gefriert und ich nur noch über die Oberfläche schlittere, auch wenn ich mich darüber gleitend sicherer, freier fühlen könnte – dies aber eben nur oberflächlich.
Tiefe, das ist ein intensives Erleben und Leben nach den eigenen Werten und Neigungen, weltaufsaugend, beobachtend, sich mit sich selbst und den Dingen und eine*n herum auseinandersetzend. Ein oberflächliches Leben beschränkt sich auf Äußerlichkeiten und Verdrängung der Tiefe. Manche glauben, es sei ein Gewinn, an Tiefe verloren zu haben, Worte nicht mehr so zu brauchen. Für mich wäre es ein Verlust.